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Gedichte um Judith


HexxHexx

Empfohlene Beiträge

I

 

Bevor wir uns Namen sagten,

hatten wir uns erkannt.

Was deine Augen fragten,

erfuhr deine Hand.

 

II

 

Oh Judith.

In welchem Drahtzaun

hing deine Liebe?

Auf welchem Appellplatz

verreckte deine Sehnsucht?

Welcher Stiefel

zertrat deine Hoffnung?

Welche Kugel

zerfetzte dein Lächeln?

Mit welchem Leibgurt

henkten sie deine Zärtlichkeit?

Oh, Judith,

so in unsrer Mitte

immer noch lebend,

durch welchen Schornstein

ging damals

dein Herz?

 

III

 

Wie weit kamst du gegangen,

als ich dich da umfangen

in all der Dunkelheit?

Was hab bei deinen Küssen

ich alles fürchten müssen?

Was trug dich fort - so weit?

Wohin bist du gefahren

im Rauch aus deinen Haaren?

Wofür warst du bereit?

 

IV

 

An deinem Arm

die blaue Nummer

hast du löschen lassen.

Was löschtest du aus?

Wodurch bist du gekommen,

wohin bist du gegangen -

kamst du nach Haus?

Du hast dein Leben

weitergetragen.

Wer trug die Schuld?

Wessen Vertrauen

konnte erfahren

von deiner warmen Geduld?

Wer kann es wagen

wenn du es zuläßt,

dich anzufassen?

Auf deinem Arm freilich

die blaue Nummer

hast du löschen lassen.

 

V

 

Ja!

Ich bin der Gezeichnete.

Wie soll ich dir

meine Hände zeigen?

Ja!sie sind sauber geblieben.

Aber auch ich

wusch mich

mit dieser Seife!

 

VI

Bei diesem Dorf

in diesem Wald

war das Lager.

Dieser Wald wächst noch,

diese Natur ist unschuldig,

diese Kinder

zogen nach Himbeeren aus.

Das Gras, Judith,

weiß nicht Bescheid.

Frag doch die Kinder!

Geh in ihr Haus.

 

VII

 

Welches Tier

läßt seinesgleichen

sterben mit Lust?

Welches tier

ersinnt Tode?

Keiner hat alles gewußt.

 

VIII

 

Mein Vater

war nicht unter den Mördern.

Meine Mutter

hatte die Möder nicht lieb.

Aber dein Volk,

wohnend mit meinem Volk,

hatte kein Land und wurde

zusammengetrieben in kein Land,

das wird genanntn bleiben:

Auschwitz, Mauthausen, Treblinka.

Und seine Mörder

kamen aus meinem Volk.

 

IX

 

Deine erste Liebe

hieß Fritz.

Oh, Judith,

schließe die Augen nicht,

wenn du so daliegst

unter diesem Himmel

für mich,

gehe nicht, Judith,

sieh mich noch an,

höre mich noch:

Mein Vater

war nicht unter den Mördern.

Meine Mutter

hatte die Mörder nicht lieb!

 

X

 

Wohin bist du gegangen,

wie sol ich dich umfangen

in all der Dunkelheit?

Wohin bist du gefahren

im Rauch aus deinen Haaren.

Was trägt dich fort - so weit?

 

- Heinz Kahlau -

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